Die digitale Transformation gewinnt zunehmend auch in der Stadtplanung an Bedeutung. Hierbei eröffnen moderne Visualisierungswerkzeuge der erweiterten Realität (AR – augmented reality) in Kombination mit dem 5G-Mobilfunknetz - als Kommunikationstechnologie - eine bedeutende Möglichkeit, Planungsabläufe innovativ und bürgernah umzusetzen.
In der städtischen Planung sind Beteiligungsverfahren stets mit der gleichen Aufgabe konfrontiert: Der städtebauliche Entwurf soll in seiner gesamten Komplexität präsentiert werden, um sowohl fachliche Informationen, rechtliche Konsequenzen als auch die Auswirkungen auf das Planungsgebiet darstellen zu können. Andererseits sollen Bürger*innen und ehrenamtliche Kommunalpolitiker*innen, die keine spezifischen Fachkenntnisse im Bereich Stadtplanung besitzen, eine realistische Vorstellung des Entwurfs und dessen Konsequenzen erhalten.
Das Ziel des Projekts ist die Entwicklung einer 5G-gestützten AR-Anwendung für den Bereich der Stadtplanung. Die 5G-CityVisAR-App wird im Rahmen eines städtebaulichen Verfahrens für ein bestimmtes Planungsgebiet in Schwerte getestet und hinsichtlich Anwendbarkeit, Benutzerfreundlichkeit und Mehrwert für Planungsprozesse bewertet. Der innovative Aspekt des Projekts liegt in der gezielten Entwicklung eines neuartigen digitalen Beteiligungsinstruments für die Stadt, das durch den Einsatz von 5G und AR-Technologie den Bürger*innen einen leicht zugänglichen Einblick in städtebauliche Projekte ermöglicht. AR bietet dabei das Potenzial, Sachverhalte verständlich zu veranschaulichen und somit die Lücke zwischen Planung und Umsetzung zu überbrücken.
Die Stadt Schwerte übernimmt als Projektleitung die Koordination des Projekts, welches am 1. Juni 2022 begonnen hat und über einen Zeitraum von zwei Jahren läuft. In Zusammenarbeit mit den Partnern der Technischen Universität Dortmund – Fakultät Raumplanung, der Universität Duisburg-Essen im Fachbereich Softwareengineering und der adesso mobile solutions GmbH wird das Projekt umgesetzt. Die Studierenden der Technischen Universität Dortmund erstellen im Rahmen dessen einen städtebaulichen Entwurf. Die Partner von der Universität Duisburg-Essen und adesso sind für die Entwicklung der AR-App verantwortlich. Mit Hilfe dieser App wird es den Nutzer*innen ermöglicht, den Entwurf in 3D direkt vor Ort zu betrachten.
Eine der Herausforderungen beim Einsatz von AR-Tools in der Bürgerbeteiligung ist die Beschaffenheit der Planungsfläche. Wenn eine Fläche nicht begehbar und erkundbar ist, eignet sie sich oft nicht für die AR-Partizipation. Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, komplexe Planungsinhalte darzustellen und dabei die technische Stabilität der AR-Anwendung zu gewährleisten. Es ist wichtig, genügend Personal und technische Ressourcen zur Verfügung zu haben und offene politische und planerische Institutionen zu beteiligen, um Zugang zu städtischen Daten und Informationen zu ermöglichen.
Die Kompatibilität der AR-Anwendung mit einer Vielzahl von Smartphone-Systemen und -Modellen beeinflusst auch die Systementwicklung. Beispielsweise müssen rechenintensive Operationen, wie die Analyse von Kamerabildern, vermieden oder ausgelagert werden, und fehlende Sensoren müssen berücksichtigt werden. Benutzerfreundlichkeit ist entscheidend, um den Zugang zu AR-Technologie zu erleichtern.
Die Darstellung von virtuellen Objekten auf großen Flächen erfordert eine kontinuierliche Synchronisation und Abstimmung der Positionen von Nutzern und virtuellen Objekten. Störungsanfälligkeit kann zu Unterbrechungen in der Benutzererfahrung führen, die im Systemdesign berücksichtigt werden müssen, etwa durch die Integration analoger Marker als Hilfestellung für das System.
Die vorläufigen Rechercheergebnisse deuten darauf hin, dass es bisher nur wenige AR-Anwendungen im deutschsprachigen Raum gibt, die sich auf den Bereich der Stadtplanung beziehen. Allerdings hat Augmented Reality das Potenzial, einen niedrigschwelligen Zugang zur Beteiligung an planerischen Prozessen zu ermöglichen, indem es eine ergänzende und zusätzliche Methode zur herkömmlichen analogen Partizipation bietet. Durch die Implementierung von AR in Stadtplanungsprozessen wird die Verständlichkeit und Transparenz von 2D-Plänen erhöht, indem sie in virtuellen 3D-Modellen dargestellt werden. Dies ermöglicht eine intensivere und verständlichere Diskussion von Planungsalternativen, indem komplexe Informationen visuell besser zugänglich gemacht werden. Die Integration von AR-Anwendungen in die Stadtplanung eröffnet die Möglichkeit, neue und unterschiedliche Zielgruppen in den Planungsprozess einzubeziehen. Dabei kann die angestrebte Lösung für verschiedene Bauvorhaben in unterschiedlichen Städten wiederverwendet werden, was einen innovativen und wertvollen Beitrag zur Bürger*innen-Partizipation in der Stadtplanung darstellt.
Ein weiterer Vorteil der angestrebten Lösung ist die Verwendung von Smartphones als persönliche Hardware der Nutzenden. Dies ermöglicht einen niedrigschwelligen Zugang zur Anwendung, da die meisten Menschen bereits mit der Bedienung von Smartphones vertraut sind und keine zusätzlichen Geräte erforderlich sind. Ebenso kann das Plangebiet zeitlich unabhängig erkundet werden.
Insgesamt zeigt sich, dass Augmented Reality das Potenzial hat, die Stadtplanung zu revolutionieren, indem es die Beteiligung der Bürger*innen erleichtert, die Verständlichkeit und Transparenz von Planungsunterlagen erhöht und die Diskussion von Planungsalternativen intensiviert.
Von Herbst 2022 bis Sommer 2023 wird die 5G-CityVisAR-App entwickelt, um Politiker*innen, Bürger*innen und Interessierte in stadtplanerischen Prozessen in Schwerte zu beteiligen. Im Sommer 2023 wird die Testphase der 5G-CityVisAR-App beginnen, in der die Anwendung mit zukünftigen Nutzerinnen erprobt wird. Anschließend werden die Zwischenergebnisse im Beirat für Digitales und Innovation der Stadt Schwerte reflektiert.
Von Herbst 2023 bis Winter 2024 erfolgt die Befragung der Anwender*innen der 5G-CityVisAR-App und die Evaluation in Zusammenarbeit mit Akteur*innen in der Stadt Schwerte. Im Frühling 2024 werden die Ergebnisse erneut mit dem Beirat für Digitales und Innovation der Stadt Schwerte besprochen. Daraufhin kann die 5G-CityVisAR-App angepasst und finalisiert werden. Aus den Ergebnissen werden Handlungsempfehlungen für die kommunale Planungspraxis abgeleitet werden.